Bevor ich in das Thema Investorendeal nochmal einsteige und mit aktuellen Aussagen von unseren Vereinsverantwortlichen verknüpfe: Dass der Otto-Normalverbraucher sich beim Konsum des Produktes Bundesliga, respektive 2. Bundesliga, wie aus der Zeit gefallen fühlt, liegt daran, dass sich das Produkt über Jahre, wenn nicht sogar ein Jahrzehnt, nicht weiterentwickelt hat. Das kann jetzt am fehlendem Innovations- oder Investitionswillen der Clubs oder des Verbandes liegen, ist aber in erster Linie eines: Hausgemacht!
Kurz noch ein kleiner Abriss zum DFL-Deal aus Sicht des VfB: Im Mai 2023 wurde bereits über ein etwas anders ausgestaltetes Modell diskutiert. Da hier einige Clubs die Fairness bei der Mittelverteilung durch Änderungen am Säulenmodell in Gefahr sahen, scheiterte dieses Modell, auch unter Ablehnung der Vertreter des VfB Stuttgart.Im Dezember 2023 wurde nun über ein abgeändertes Modell abgestimmt, welches eine strategische Partnerschaft eines Investors, ohne direkten Anteilskauf an der DFL, ermöglichen soll. Dieses Modell wurde mit einer exakten 2/3-Mehrheit angenommen, wobei hier auch Clubs deren Vereinsorgane und Fanszenen diese Beteiligung ablehnen, ein „Ja“-Votum abgegeben hatten. „50+1 – trotzdem macht jeder seins“ ist so ein bisschen der Slogan dieser Verhandlungen.
Generell ist es so, dass wir als Mitglieder des VfB Stuttgart 1893 e.V. einen elementaren Teil unserer Mitbestimmung, nämlich den direkten demokratischen und legitimatorischen Zugriff auf unsere Vorstände, mit der Ausgliederung in weiten Teilen abgegeben haben. Die Repräsentanz übernimmt für uns das Präsidium des e.V., namentlich Claus Vogt, Christian Riethmüller und Rainer Adrion durch Sitze im Aufsichtsrat. In diesem Aufsichtsrat, bei dem bei Stimmgleichheit die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden Claus Vogt doppelt zählt, steht das Verhältnis von durch die Mitgliederversammlung legitimierten Aufsichtsräten und frei bestimmten Aufsichtsräten bei 1/3 zu 2/3. Ich muss Euch kein Stefan-Heim-Gedächtnis-Tortendiagramm präsentieren, um glaubhaft zu machen, dass hier eine Disparität vorliegt.
In dem StN Interview am 19.01.2024 bestätigte Claus Vogt, dass die zuständigen Gremien über die Inhalte informiert wurden und dass diese Entscheidung auch mitgetragen werden.Dort wird aber davon gesprochen, dass die Beteiligung des Investors 8% der Mehreinnahmen beinhaltet, dies kann aber nach dem, was bisher in der Presse berichtet wurde, so nicht stimmen und wird auch in anderen Beiträgen nicht verifiziert.
Der Sportschau, welche am 11.12.2023 von der DFL-Versammlung berichtete, lagen am Abstimmungstag gemäß Ihrem Beitrag um 20:35 Uhr folgende Informationen vor, welche ich wörtlich aus dem Artikel zitiere: „Die weiteren 300 Millionen Euro sind dafür eingeplant, zumindest für vier Jahre das Loch zu stopfen, das der Deal reißt. Denn die Klubs müssen im Gegenzug für die Milliarde nun langfristig auf rund acht Prozent ihrer Einnahmen verzichten - die gehen im Gegenzug für die Milliarde 20 Jahre lang an den Investor. Die DFL schreibt voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 die Medienrechte für die vier Saisons 2025/26 bis 2028/29 aus und will vorher einen Abschluss mit einem Investor vollzogen haben.“
Es kann sein, dass die Berichte der Sportschau falsch sind, ich möchte Euch aber kurz aufzeigen, warum ich denke, dass dies nicht so ist:
- Wenn die DFL sich Einnahmen von knapp einer Milliarde vorstellt und klare Pläne für die Verwendung der Mittel hat muss doch klar sein, dass ein Investor vor dem Abschluss der Vergaben für 2025-2029 bei einer Beteiligung nur an den Mehreinnahmen keine so exakte Zusage für Gelder machen würde. Dafür sind die Abschlüsse der Ligen aktuell zu volatil.
- In dem o.g. Bericht ist von einem Posten in Höhe von 300 Mio. Euro die Rede, welcher die Mindereinnahmen der Clubs in den kommenden vier Jahren ausgleichen soll. Bei einer Beteiligung an den Mehreinnahmen gäbe es per se in den kommenden vier Jahren keine Mindereinnahmen, die auszugleichen sind. Hier gäbe es nur einen Fall mit Mehrheitsbeteiligung der diesen Topf erklären würde: Die DFL rechnet mit geringeren Erlösen aus den Rechtvergaben 2025-2029 und müsste hier die Mindereinnahmen ausgleichen, die nichts mit dem Investor zu tun haben, denn dieser bekäme in der Theorie ja bei Mindereinnahmen keine Beteiligung.
Somit denke ich, dass es sich hier um eine Falschformulierung handelt, die von Seiten des Clubs dringend klargestellt werden sollte, da ja diese Modelle und Investitionen ja Teil des umfangreichen Gerüstes dieses Deals sind. Denn diese Aussage suggeriert, dass die Clubs nicht verlieren könnten, was bei einer Beteilung an 8% der Gesamterlöse jedoch definitiv der Fall sein kann. Das eine wäre eine Wette auf Wachstum und Chance, das andere wäre eine Spekulation bei dem die Clubs verlieren könnten.
Abschließend möchte ich noch als Quelle die DFL-PK vom 11.12.2023 hervorheben, da hier einige Dinge gesagt werden, die mich aufhören lassen:
- Ab 02:25 beschreibt Dr. Marc Lenz dass es sich um eine „Erlösbeteiligung“ handelt. Dies ist von einer Gewinnbeteiligung klar zu unterscheiden.
- Ab 07:00 wird beschrieben, dass die Verhandlungen rechtzeitig (Ende März) vor der Ausschreibung für die neue Rechteperiode abgeschlossen sein sollen. Das heißt aber auch, dass die Maßnahmen die einen Vorlauf benötigen und bereits zu Mindereinnahmen (-8% für Investor) führen noch gar nicht wirksam sein können.
- Ab 10:45 wird ausgeführt, dass die DFL Maßnahmen gegen illegales Streaming ergreifen will, was laut DFL ca. 6 Mio potentielle Nutzer betrifft. Dieser Posten ist in einem Konvolut von Maßnahmen bzgl. der Übertragungen enthalten, das insgesamt ca. 126 Mio. Euro ausmachen sollen. Mal in den Raum gestellt: Ist der Kampf gegen illegales Streaming nicht Aufgabe der Rechtverwerter? Die steigenden Preise die über die laufenden Perioden viele Kunden dazu zwingen würden 70-100 Euro pro Monat für Fußballübertragungen auszugeben spielt dabei aber wohl keine Rolle.
- Ab 11:45 wird gesagt, dass – ganz ohne Investor – schon von den Clubs Verbesserungen bzgl. der Übertragungsrechte beschlossen wurden, damit die kommende Rechtevergabe schon besser laufen kann. Kann es sein dass man hier schon damit rechnet dass der große Impact erst später, wenn überhaupt, kommt?
- Ab 12:35 wird das Produkt Bundesliga als „werthaltigstes Medienrecht Deutschlands“ bezeichnet. Man hat also ein Produkt, dass wohl ganz viele Menschen nutzen wollen, gleichzeitig ist man aber nicht in der Lage selbst eine nachhaltige Vermarktung zu organisieren?
- Ab 21:50 wird erwähnt, dass die Investitionsmodelle den Clubs schon vor Mai 2023 vorgestellt wurden, hier finde ich es sehr enttäuschend, dass man es von Seiten des VfB nicht für notwendig erachtet hat die Mitglieder zu informieren. 50+1 darf nicht nur ein Formalismus sein, sondern muss im Innen- und Außenverhältnis gelebt werden.
Ich denke, dass es noch nicht zu spät ist diesen Investorendeal zu überdenken und ein nachhaltiges Wachstum, das sich an den Bedürfnissen der Fans im In- und Ausland orientiert zu erarbeiten. Hierzu gehören faire Preise, ansprechende Vermarktungsmodelle, der einfache Zugang zu Inhalten und die Bewahrung der Seele unserer Fußballlandschaft. Hierzu möchte ich alle Vertreterinnen und Vertreter unseres Vereins motivieren.
Quellen:
https://www.youtube.com/watch?v=_ys2o8xhySM